Printmedien nachhaltig gestaltet
Unter den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern, den G20, hatte Deutschland 2018 den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Papier, Pappe und Karton. Der jährliche Verbrauch liegt damit im Jahr bei 227 Kilogramm pro Person, pro Tag bedeutet das einen Konsum von circa 625 Gramm – das entspricht ungefähr einem 600-seitigen Taschenbuch.
Denken wir an nachhaltige Gestaltung denken die meisten wohl zuerst an Materialien, Papier, Veredelungen und Wegwerfprodukte. Das ist auch richtig so, denn jeder zweite industriell gefällte Baum weltweit wird zu Papier verarbeitet – Zeitungen, Zeitschriften, Geschenkpapier, Verpackungen, Küchentücher oder Toilettenpapier. Damit ist die Papierindustrie eine Schlüsselindustrie, wenn es um die Zukunft unserer Wälder geht.
Der Bereich Printdesign mit grafischen Papieren spielt eine große Rolle wenn es um Nachhaltigkeit geht. Laut NABU liegt Deutschland auf Platz 6 im Vergleich der Industrieländer wenn es um den Verbrauch von Papier, Pappe und Karton geht. Vom Gesamtpapierverbrauch in Deutschland 2019 sind entfallen allein 36% auf grafische Papiere. An dieser Stelle können wir also ansetzen, und als Gestalter:innen etwas für den Erhalt unserer Umwelt zu tun.
Dass die Herstellung von Papier energieintensiv ist wissen die meisten. Im Vergleich zur chemischen Industrie auf Platz zwei und der Metallerzeugung auf Platz eins, nimmt die deutsche Papierindustrie den dritten Platz ein, wenn es um den Energieeinsatz zur Herstellung geht. Die Herstellung von einer Tonne Papier benötigt heute rund 3.000 kWh.
Um 500 Blatt normales Kopierpapier (A4, 80 g/m2) zu erzeugen, benötigt man rund 5,5 kg Holz, 130 Liter Wasser und 13 kWh Energie. Der jährliche Papierverbrauch pro Person in Deutschland und liegt bei etwa 250 kg.
Um diesen jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch auf Basis von Frischfaserpapier zu decken, müssen 550 kg Holz in Wäldern geschlagen werden und es werden für die Produktion 1.300 kWh Energie und 13.000 Liter Wasser verbraucht. Zum Vergleich: Der Energiebedarf von 1.300 kWh für die Papierproduktion pro Person ist genauso hoch wie der gesamte Jahres-Stromverbrauch einer Person in einem durchschnittlichen Drei-Personen-Haushalt.
Jeder zweite Baum, der industriell gefällt wird, wird zu einem Papierprodukt verarbeitet. Auch wenn fast alle Papiere aus nachhaltiger Forstwirtschaft entstanden sind stammen 20% der Bäume stammen aus Urwäldern, die ohne menschliche Eingriffe höchste Biodiversitätswerte aufweisen, denn Wälder beherbergen zwei Drittel aller bekannten Tier- und Pflanzenarten unserer Erde. Das bedeutet, dass unser enorm hoher Papierkonsum die Ökosysteme anderer Länder stark schädigt. Mit 22,1 Millionen Tonnen pro Jahr ist Deutschland der viertgrößte Papierproduzent der Welt. Jährlich werden etwa 13,6 Millionen Tonnen Papier nach Deutschland importiert und etwa 10,4 Millionen Tonnen exportiert. Zusätzlich werden 80% des benötigten Zellstoffes für die Papierproduktion in Deutschland importiert. Die dabei entstehende Umweltbelastung durch den Transport ist nicht zu unterschätzen. Deswegen ist es wichtig, ein nachhaltiges Material bewusst einzusetzen.
Siegel im Überblick
PECF – Programme for the Endorsement of Forest Certification
Die Zertifizierung von PECF erfolgt nach ähnlichen Kriterien wie die nach FSC®. Weltweit sind 7 Millionen Hektar PEFC zertifiziert. Das klingt im Vergleich zur Fläche der FSC® zertifizierten Wäldern eine Menge, allerdings besteht trotz einem ähnlichen Ansatz der Zertifizierung ein großer Unterschied. FSC® zertifizierte Hölzer und Papiere erhalten die Zertifizierung dadurch, dass jeder Betrieb in der Produktionskette überprüft und zertifiziert ist. Die PECF Zertifizierung wird für ganze Flächen und Regionen ausgesprochen und ist somit kein Standard, auf den man gewissenhaft setzen kann.
FFE Meinung: kein Zertifikat, auf das man setzen sollte
FSC® – Forest Stewardship Council®
Der FSC bietet drei verschiedene Zertifikate, die Holz aus einer nachhaltigen Forstwirtschaft auszeichnen. Die gesamte Wertschöpfungskette des Papiers, begonnen bei der Waldfläche über alle weiterverarbeitenden Betriebe, müssen vom FSC® zertifiziert sein, damit das Endprodukt das Siegel erhält. Der FSC stellt international gültige Prinzipien auf, die auf nationaler Ebene zusätzlich auf das Land angepasst werden. Weltweit sind 0,5 Millionen Hektar Wald FSC® zertifiziert.
Die Zertifizierung erfolgt in drei Stufen
→ FCS® Pure: 100% zertifizierte Frischfaser
→ FSC® Mix: mind. 10% zertifizierte Frischfaser
→ FSC® Recycled: 100% Altpapier
FFE Meinung: einer guter Anfang, da geht aber noch mehr
EU Eco Label
Mit dem EU Eco-Label werden umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen von der EU gekennzeichnet. Der gesamte Lebenszyklus des Produktes wird dabei bedacht – von der Produktion über die Nutzung bis hin zur Entsorgung. Im Bereich der Papierherstellung gelten konkrete Grenzwerte für Energieverbrauch, die Belastung der Abwässer und die Luftemissionen. Allerdings gibt es bei diesem Zertifikat keine Richtlinien für Altpapier.
FFE Meinung: darauf kann man setzen
Blauer Engel
Der Blaue Engel ist ein weit verbreitetes Siegel. Es ist die älteste und erste »umweltschutzbezogene Kennzeichnung«↗ 72 für Produkte und Dienstleistungen. Die zertifizierten »Papiere bestehen zu 100% aus Altpapier, werden ohne umweltbelastende Chemikalien PCB und Formaldehyd, krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Färbemittel und Beschichtungsstoffe hergestellt und man verzichtet auf optische Aufheller Chlor, halogenierte Bleichchemikalien und EDTA«.↗ 73 Der blaue Engel geht noch weiter und garantiert einen sparsamen Einsatz von Rohstoffen, einen geringen Energieverbrauch und sorgt für eine umweltgerechte Entsorgung.
Der Blaue Engel kann nicht nur für das reine Material sondern auch für ganze Druckprodukte gelten. Diese Druckverfahren können zertifiziert werden: Bogenoffsetdruck, Rollenoffsetdruck, Rotationstiefdruck, Flexodruck und Digitaldruck.
FFE Meinung: ein absolutes Muss wo es nur geht – nicht nur beim Thema Papier
Herstellereigene Zertifikate
Hersteller setzen teilweise auf Hauseigene Zertifikate, wie zum Beispiel die Büttenpapierfabrik Gmund mit ihrem Gmund Eco Zertifikat. Hier muss man doch noch ein mal selber in die Recherche gehen und prüfen, ob das Zertifikat des Herstellers den eigenen Ansprüchen genügt. Dass das Zertifikat tatsächlich aussagekräftig ist kann sich schon darin zeigen, dass nicht alle Produkte des Herstellers damit ausgezeichnet sind.
Auf viele Zertifikate und Siegel kann man vertrauen, über neue oder herstellereigene sollte man sich jedoch informieren und die Angaben mit seinen eigenen Ansprüchen vergleichen.
Nordic Ecolabelling
Das skandinavische Zertifikat Nordic Ecolabelling ist ein Zusammenschluss von Papier- und Holzherstellern. Auch bekannt als Nordic Swan steht dieses Siegel für Produkte, die während ihres gesamten Herstellungsprozesses die Umwelt so wenig wie möglich belasten. Dabei wird der gesamte Herstellungsprozess lückenlos überprüft und anhand eines festgelegten Punktesystems wird das Zertifikat erteilt.
FFE Meinung: ein vertrauenswürdiges Zertifikat – nicht nur beim Thema Papier
Cradle to Cradle®
Um die Probleme unserer Zeit langfristig zu lösen, müssen wir umdenken. Wir können Klima- und Ressourcenprobleme nur durch positive Ziele dauerhaft lösen. Indem wir unser Handeln konsequent in biologische Kreisläufe integrieren und technologische Kreisläufe schaffen, erreichen wir einen wirklichen Mehrwert: ökologisch, ökonomisch und sozial.

innovative Materialien
Innovative Materialien, die ressourcenschonend produziert werden, sind ein wichtiger Schritt zu mehr Nachhaltigkeit im Print. Wir haben spannende Papiere für dich kuratiert.
Veredelungen im Überblick
Dispersionslack
Nachhaltigkeit ●●●
Dispersionslack klingt in erster Linie nicht nachhaltig, besteht
aber im Wesentlichen aus Wasser, Bindemitteln, Wachsen und Harzen. Der Lack sorgt dafür, dass das Printprodukt vor Fingerabdrücken und Verschmutzungen geschützt wird und das Produkt nicht vergilbt. Dieser Lack ist deinkbar und somit eine nachhaltige Möglichkeit der Veredelung.
Öldrucklack
Nachhaltigkeit ●●●
Sie bestehen aus »Hartharzen, Mineralölen und oxidativ trocknenden Ölen.↗ 113 Dieser Lack ist problemlos deinkbar und kann auch geprägt, gefalzt und gerillt werden. Eine super gute Wahl bei einem nachhaltigen Druckprodukt.
Folienkaschierung / Cellophanierung
Nachhaltigkeit ●●○
Mittlerweile gibt es Folien und Klebstoffe auf Basis von Cellulose und Stärke und weiteren nachwachsenden Rohstoffen, die kompostierbar und für den direkten Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sind. Eine Folienkaschierung ist nachhaltig möglich, allerdings nur, wenn das Produkt einseitig veredelt wird. Beidseitig folienkaschierte Papiere können nicht rezykliert werden.
Prägung
Nachhaltigkeit ●●●
Die umweltfreundlichste Art der Veredelung ist die Reliefprägung (Hochprägung) und die Blindprägung (Tiefprägung). Diese rein mechanische Veredelungstechnik schafft edle und wirkungsvolle haptische Erlebnisse und benötigt keinen Einsatz von Chemikalien
Heißfolienprügung
Nachhaltigkeit ●●○
Bei der Heißfolienprägung werden extrem dünne Farb- oder Aluminiumfolien mittels Druck und Hitze auf den Bedruckstoff übertragen. Die Folie selber ist nur ein Trägermaterial und wird nach dem Applikationsprozess wieder vom Material abgelöst. Auf dem Druckprodukt bleibt eine dünne Metallschicht zurück, welche weder Kunststoff, Laminat, Lösungsmittel oder andere gefährliche Stoffe beinhaltet.
Duftlack
Nachhaltigkeit ●●○
Duftlacke bestehen aus Kunstharz und werden als fünfte Farbe im Druckprozess aufgetragen. Die Auftragsmenge von Duftlacken ist sehr gering, wodurch die Durckprodukte tortzdem recycelt werden können, eine biologisch abbaubare Möglichkeit gibt es aber noch nicht.
partielle UV-Lackierung
Nachhaltigkeit ○○○
Der UV-Lack härtet durch UV-Strahlung zu einem Kunststoff aus, wodurch das Druckprodukt nicht mehr recycelt werden kann und statt ins Altpapier in den Restmüll gelangt. Eine nachhaltige Alternative hierzu ist der etwas weniger glänzende Dispersionslack.
Satzung
Nachhaltigkeit ●●●
Eine chemiefreie Möglichkeit der Veredelung ist die Stanzung. Bei ihr werden mittels Metallstanzen Flächen und Formen aus dem Material herausgestanzt. Ab bestimmten Größen oder Detailgraden des Materials und Motivs ist statt einer mechanische Stanze der Laser-Cut eine nachhaltige Alternative. Hier ist der Energieaufwand jedoch etwas höher, dafür kann das Papier auch in verschiedenen Tiefen ausgefräst werden.
Farbschnitt und Schnittveredelung
Nachhaltigkeit ●●○
Vergoldete Außenkanten von alten Büchern hat jeder schon ein mal gesehen. Heute kann der edle Farbschnitt und beliebigen Farben, Muster und sogar in Form von Text in verschiedenen Verfahren aufgetragen werden. Möglich ist diese Veredelung auch mit umweltfreundlichen, wasserbasierten Farben.
Buchbindung und Kaschierung
Nachhaltigkeit ●●○
Bücher binden und Papier kaschieren hat eines gemeinsam: den Buchbindeleim. Es gibt verschiedene Formen des Leims, alle sind Naturprodukte, manche sind vegan andere nicht. Grundsätzlich sind alle Buchbindeleime wasserlöslich, nach dem endgültigen Verkleben der Materialien aber nicht mehr mit Wasser lösbar. Kaschiert man das Hardcover eines Buches beispielsweise mit einem Leinenbezug und bindet es mit einer Fadenbindung, kann das Buch nicht mehr recycelt werden und es gehört entweder auf den Kompost oder in den Restmüll. Ein rein aus Papier und Pappe bestehendes Softcover-Buch, dass mit einer Klebebindung gebunden ist, kann recycelt werden und gehört ins Altpapier.